11.04.21 Am Osterwochenende ist für die Schulgemeinschaft des Ernst-Abbe-Gymnasiums völlig überraschend unser ehemaliger Kollege und Lehrer Arno Eberhard an Covid-19 verstorben. Sein Tod berührt alle besonders, weil er nicht nur über viele Jahre das ganze Lehrerkollegium und zahlreiche ehemalige Schüler*innen durch seine Menschlichkeit und positive Ausstrahlung verbunden hat, sondern auch viele aktive und ehemalige Kolleg*innen mit ihm persönlich noch weit über seine Pensionierung hinaus befreundet waren. Herr Eberhard hat sich auf herausragende Weise dafür eingesetzt, dass das Ernst-Abbe-Gymnasium auch in schwierigen Zeiten ein vielfältiger und würdevoller Ort gewesen ist.
Seit 1987 unterrichtete er die Fächer Musik, Politik und Geschichte in allen Klassenstufen und erlebte sechs Schulleitungen. Er war, wie vielleicht wenige wissen, nicht nur der erste Lehrer, der in einer Gesamtkonferenz strickte, was so manchen männlichen Kollegen der späten 80er Jahre sichtbar in Schockstarre versetzte, sondern er war auch viele Jahre lang ehrenamtlich in der GEW aktiv. Als Kontaktmann der Gewerkschaft im Kollegium hat er sich sowohl um die Belange der jungen Kolleg*innen als auch um die Sorgen der Pensionäre gekümmert und sich vielfach mit Engagement für bessere Arbeitsbedingungen im häufig stressigen Schulbetrieb eingesetzt.
Lange Zeit war Herr Eberhard die einzige Lehrkraft, die regelmäßig mit dem Fahrrad zur Schule kam. Gefreut hat er sich sehr darüber, dass mit seiner Pensionierung endlich auch Fahrradständer auf dem Hinterhof errichtet worden sind, wofür er sich immer wieder eingesetzt hatte.
Herr Eberhard unterstützte auch viele Praktikant*innen und Referendar*innen und vor allem seine jungen Kolleg*innen mit Rat und Hilfe. Die Tür seines legendären Raumes A 301 stand für Hospitationen und gemeinsame Projektarbeit stets offen, selbst wenn diese erst fünf Minuten vorher erbeten wurden. Improvisation zu jeder schulischen Gelegenheit und immer mit guter Laune war eine seiner ganz großen Stärken. Und in den letzten beiden Jahren vor seiner Pension hat er entscheidend dazu beigetragen, den musikalischen Staffelstab an seine Kolleg*innen im Fachbereich Musik weiterzugeben.
Herrn Eberhard ist es oft gelungen, die teilweise herausfordernden Schüler*innen für seine beiden Fächer Musik und Geschichte/Politik zu begeistern. Er war ein überzeugter Europäer und hat dies auch in vielen Projekten und Schulfahrten an seine Schüler*innen weitergeben können. Kulturelle Teilhabe war auf vielfältige Weise sein Anliegen – vom Opernbesuch bis zum Walzertraining mit Abiturent*innen. Seiner Begeisterung war es zu verdanken, dass die Schule über viele Jahre mit einer eigenen Band zahlreiche Veranstaltungen bereichern konnte, wie zum Beispiel die Eröffnung des Campus Rütli im Jahr 2011.
Aufgeschlossen war er für jede kreative Unterrichts- oder Projektform, manchmal auch in ganz illegalen Bandräumen im Keller, von denen kein Schulleiter wusste, oder auch tief in der Nacht zu Schlafenszeiten des Hausmeisters am Wochenende. So berichtete Herr Westenberger, der ehemalige stellvertretende Schulleiter des Ernst-Abbe-Gymnasiums, 2017 anlässlich der Pensionierung von Herrn Eberhard über dessen legendäre Vorliebe für heimliche Gitarren-Workshops, von denen die Schulleitung beinahe nie etwas mitbekommen hatte. Herr Eberhard war damit in gewisser Weise ein Vorreiter des heute durchaus üblichen Ganztagsbetriebs. Sein Credo war schon damals: Gerade für Neuköllner Schüler*innen aus eher bildungsbenachteiligten Familien ist jede Minute länger in einer persönlichen Beziehung zu ihrer Lehrkraft unendlich wichtig und ersetzt häufig die fehlende eigene Motivation.
Arno Eberhards vielfältiger und kontinuierlicher Einsatz am Ernst-Abbe-Gymnasium – von den vielen Theater-Projekten über das jährliche Weihnachtssingen des Schulchores bis zu seiner Arbeit im Vorstand des Fördervereins – stärkten besonders die Schulgemeinschaft. Kaum eine festliche Veranstaltung im Kollegium oder in der Schulgemeinschaft verging, ohne dass Herr Eberhard sie mit seiner Gitarre und seiner Persönlichkeit bereicherte. Er lebte auch die jahrelange Tradition, am Geburtstag einer jeden Lehrkraft im Lehrerzimmer die anderen Kolleg*innen für ein Geburtstagsständchen zusammenzurufen und anzuleiten. Und auch die Kollegiumsfahrt nach Hamburg im Jahr 2013 verdankten die Lehrkräfte seiner Organisation.
Seine Schüler*innen in 30 Jahren, seine Kolleg*innen, die ehemaligen und die gegenwärtigen, und gerade auch seine Schulleitungen haben ihm viel zu verdanken und werden vor allem seine Fröhlichkeit, seine Lebensfreude und seine optimistische Zugewandtheit vermissen.
Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte des Ernst-Abbe-Gymnasiums trauern um ihren ehemaligen Lehrer und Kollegen, von dem sie nun so kurz nach seiner Pensionierung schon Abschied nehmen müssen und sind sehr dankbar für die Zeit, die sie mit ihm verbringen durften!
Eine ehemalige Schülerin und Kollegin über den Tod von Arno Eberhard:
Ich hatte das Privileg, viele Jahre seine Schülerin zu sein - in Musik, Geschichte und PW. Ich habe selten so einen gutmütigen, wachen, heiteren, kritischen, herzlichen Lehrer erlebt. Er war einzigartig. Wenn er am Klavier saß oder seine Gitarre hielt, hat er sogar die mies gelauntesten Schüler*innen mitgezogen. Wir haben gesungen und gesungen. Von tiefstem Herzen. Mit vollem Elan. Allen ging es nach diesen Sessions immer besser. Ohne ihn hätten wir die Klassiker der Popmusik vergangener Zeiten nie kennengelernt.
In PW hat er sich jeden politischen Müll von uns angehört, geduldig und zugewandt.
Ich habe ihn nie schlecht gelaunt erlebt oder dass er die Kontrolle verloren hat. Immer die Zeitung unterm Arm geklemmt, Hawaii-Hemd, Ohrring, bunt und voller Leben.
Wir waren angstfrei bei ihm und haben viel gelernt.
Jahre später war er auch im Lehrerzimmer immer noch heiter, zugewandt und immer optimistisch. Wir hatten uns ganz fest vorgenommen uns endlich auf einen Kaffee zu treffen. Ich weiß gar nicht, wohin mit den Gefühlen, deshalb dieser Text…
Arno wird unvergessen bleiben. Für seine Kolleg*innen, aber auch ehemalige Schüler*innen...